Neustart in ein gesünderes Leben

Ein Herzinfarkt oder eine Herzoperation ist ein lebensbedrohliches Erlebnis. Damit Patienten wieder Zuversicht gewinnen, müssen sie als Erstes lernen, ihrem Körper zu vertrauen. Die ambulante Herzrehabilitation im Spital Langenthal hilft ihnen dabei.

Gute medizinische Versorgung heisst: Patienten werden bei gewissen Erkrankungen immer in ambulanten Ange boten nachbetreut. Mit dem Ziel, ihnen einen Umgang mit der Krankheit aufzuzeigen, sie dabei zu unterstützen, ihre Lebensgewohnheiten zu ändern oder präventiv vorzusorgen.

Im Rehabilitationsprogramm motivieren Sie Herzpatienten dazu, nach dem Eingriff eine drei monatige ambulante Therapie in Langenthal durch zuführen. Was ist der Hauptgedanke?
Dr. med. Patrick Hilti: Eine Herzoperation oder ein Herzinfarkt sind einschneidende Erlebnisse. Gerade etwa der Herzinfarkt kommt sehr unverhofft. Es geht darum, dieses Erlebnis zu verarbeiten, zu lernen, mit den Ängsten umzugehen, aber auch eine Veränderung des eigenen Lebensstils in die Wege zu leiten. Das ist enorm wichtig. Dazu dient die Herzrehabilitation. Unser Ziel ist es, den Patienten durch ein strukturiertes Bewegungsprogramm das Vertrauen in ihren Körper zurückzugeben und ihnen zu zeigen, wie sie ein gesünderes Leben führen können. 

Das ist ein grosses Ziel. Wie gelingt dies?
Ursina Buchmüller: Wir begleiten die Patienten sehr eng über drei Monate hinweg. Wir sehen sie dreimal die Woche, was uns die Möglichkeit gibt, auf jede Person individuell eingehen zu können. Spüren wir etwa, dass jemand Angst hat, wieder in den Alltag zurückzukehren, können wir das besprechen und zusammen mit den Patienten Strategien dagegen entwickeln. Für viele Patienten ist es erleichternd, festzustellen, dass sie ihren Körper und ihr Herz wieder belasten und normal weiterleben können ‒ mit wenigen Einschränkungen.

Sie versuchen, den Herzpatienten also eine positive Erfahrung zu ermöglichen. 
Buchmüller: Ganz genau. Die Patienten sollen realisieren, dass ihr Körper wieder gesund werden kann.

Hilti: Man weiss übrigens auch, dass 20 bis 30 Prozent der Patienten in der Zeit nach dem Herzinfarkt vorübergehend depressive Symptome zeigen. Das wird oft vergessen in der Diagnose. Die ambulante Rehabilitation ist für die Patienten also auch eine Art Time-out. Obwohl das Programm relativ streng ist, haben sie Zeit für mehr Bewegung und körperliche Aktivitäten und können sich der neuen Lebenssituation anpassen.

Reichen drei Monate aus, um nachhaltig etwas zu bewirken?
Buchmüller:
Die ambulante Rehabilitation, also wenn der Patient nach dem Training oder dem Vortrag wieder nach Hause gehen kann, hat den grossen Vorteil, dass sie sich über eine längere Zeitdauer erstreckt. Dadurch wird ein innerer Prozess ausgelöst, den es braucht, um seinen Lebensstil zu ändern. Bei einer stationären Rehabilitation findet alles innerhalb von zwei, drei Wochen statt. Das ist für manche Patienten zu kurz. Innerhalb von zwölf Wochen gelingt es uns aber meistens, zusammen mit den Patienten eine Bewegungstätigkeit zu finden, die ihnen so viel Freude macht, dass sie diese auch im Alltag danach weiterführen. 

Die ambulante Herzrehabilitation findet immer in der Gruppe statt. Weshalb?
Hilti: Innerhalb einer Gruppe entstehen Dynamiken, die sich für die Teilnehmenden sehr positiv auswirken können. Denn so realisieren sie, dass andere mit denselben Herausforderungen kämpfen wie sie selber. Das ist für manche sehr heilsam und führt zu einer Solidarität innerhalb der Gruppe. 

Wie sieht der durchschnittliche Herzpatient aus?
Hilti: Etwa 60 bis 70 Jahre alt und zu 80 bis 90 Prozent männlich. Bei den Frauen kommt der Herzinfarkt meist später, mit 70 Jahren oder älter.

Buchmüller: Bei der Gruppenzusammensetzung haben wir alle Bevölkerungsschichten. Es ist jeweils schön, zu sehen, wie eine Gruppe zueinander findet und sich gegenseitig unterstützt. Am Ende stehen alle vor derselben Herausforderung.

Bietet die SRO Anschlusslösungen, damit man weiterhin Sport machen kann?
Buchmüller: Diese Möglichkeit haben die Patienten etwa in der Herzgruppe Oberaargau, die ebenfalls von der Physiotherapie der SRO begleitet wird.

Hilti: Die Herzgruppenangebote sind sehr beliebt. Sie sind  regel mässig ausgebucht und  wir bieten laufend neue an.

Buchmüller: Wer bei uns einmal  in einer Herzgruppe angefangen hat, bleibt meistens über Jahre dabei. Damit schaffen wir eine Bindung zum Spital, die nicht nur mit Krankheit in Verbindung gebracht wird, sondern auch mit Spass und Gesundheit.

Hilti: (schmunzelt) Wie in einem Turnverein.
 


FAQ ‒  was Patienten  den Arzt nach dem Herzinfarkt am häufigsten fragen
  • Kann ich weiterhin auf Reisen gehen? Diese Frage sollte gut mit dem Hausarzt oder dem Kardiologen besprochen werden. Die meisten können auch nach der Rehabilitation wieder auf Reisen gehen. Es gibt aber Patienten, die mehr eingeschränkt sind, etwa nach einem schweren Herzinfarkt.
  • Kann ich weiterhin in die Berge? Bis 2000 Meter ohne Probleme. Wer höher will, sollte dies mit dem Arzt besprechen.
  • Kann ich auch nach dem Herzinfarkt ins Thermalbad oder in die Sauna? Nach drei Monaten kann man in der Regel zurückhaltend und schrittweise wieder damit beginnen. Weniger ist oft mehr.
     

Die ambulante Herzrehabilitation am Spital Langenthal
Das Spital Langenthal bietet für Patienten nach einem Herzinfarkt oder einer Herzoperation ein umfassendes Rehabilitationsprogramm an. Während dreier Monate werden jeweils dreimal die Woche vormittags verschiedene begleitete Trainings im Fitnessraum des Spitals oder Nordic-Walking-Lektionen im Freien angeboten. Zum Programm gehören Fachvorträge von Herzspezialisten und Ernährungsberaterinnen sowie eine Beratung für Stressbewältigung. Eine Anmeldung muss immer über den Arzt erfolgen.

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