Gezielte Bewegung für das Gelenk

Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung. In der Schweiz leiden schätzungsweise 1.5 Millionen Menschen an Arthrose.

Gelenkarthrosen entwickeln sich schleichend und verursachen anfangs kaum Beschwerden, oder zumindest merken wir nichts davon. Eines Tages aber machen sich die betroffenen Gelenke unangenehm bemerkbar: Morgens braucht man eine Weile, um sich «warmzulaufen», hat Anlauf- oder Belastungsschmerzen. Besonders die gewichttragenden Gelenke wie Knie- und Hüftgelenk werden ständig stark belastet. Mit Gelenkverschleiss leben praktisch alle, spätestens wenn wir die 40 überschritten haben.

«Die Gründe für den langsam fortschreitenden Abbau von Gelenkknorpel sind ebenso vielfältig wie die Behandlungsmethoden», sagen Dr. med. Alexander Schug, Chefarzt Orthopädie, und Dr. med. Jörg Ottensarendt, Stv. Chefarzt Orthopädie in der SRO AG. Im Gespräch geben die beiden Ärzte umfassend Auskunft zum Thema Arthrose: Durch den medizinischen Fortschritt, die Ernährung und die Lebensumstände werden die Menschen immer älter. Mit zunehmendem Alter nimmt die Häufigkeit dieser degenerativen Gelenkerkrankung zu. Daher wird die Arthrose auch als Volkskrankheit bezeichnet. Unsere Gelenke sind eigentlich gar nicht gemacht für ein solch hohes Alter. Dies erklärt auch den Verschleiss mit Knorpelabrieb.

Was ist Arthrose?
Der Gelenkknorpel funktioniert als Stossdämpfer mit einer glatten, weissglänzenden Oberfläche und umhüllt die Knochenenden, so dass die Gelenke gleiten. Dies sorgt für einen reibungslosen Bewegungsablauf. Bei der Arthrose wird dieser Knorpel beschädigt, abgenutzt und verschwindet im schlimmsten Fall vollständig. Im Frühstadium beschränkt sich der Knorpeldefekt meist auf kleine Areale und auf die Oberfläche. Später, wenn die ganze Knorpelschicht zerschlissen und abgenutzt ist, reibt bei jeder Bewegung Knochen auf Knochen. Der Gelenkspalt verschwindet zunehmend. Die primäre Arthrose betrifft sämtliche Strukturen des Gelenkes, allen voran den Gelenkknorpel, den angrenzenden Knochen und die
Gelenksinnenhaut, die sogenannte Synovialmembran.

Am Ende ist die gesamte Innenauskleidung des Gelenks betroffen. Eigentlich ist Arthrose eine Verschleisserkrankung, welche dazu führt, dass sich die oberste Gleitschicht, die den Knochen überzieht, kontinuierlich abnutzt. Diese ist in etwa vergleichbar mit der Teflonbeschichtung einer Pfanne. Eingeteilt wird die Arthrose in die Grade 1 bis 4. Während Grad 1 nur eine Erweichung des Knorpelgewebes im Anfangsstadium bedeutet, zeigt sich bei Grad 4 ein höchstgradiger Schaden mit freiliegendem Knochen.

Ursachen und Risiken
Neben der normalen Abnutzung im Alter können folgende Faktoren zur Entwicklung einer Arthrose beitragen: Verletzungen und Unfälle, Übergewicht oder Überlastung, starke Fehlstellungen (z.B. ausgeprägte X-Beine),  toffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes) sowie rheumatische Gelenkerkrankungen. Hinzu kommt die genetische Komponente (familiäre Neigung) und einige Arthroseformen, die vermehrt beim weiblichen Geschlecht auftreten.

« Heute haben schon jüngere Patienten starkes Übergewicht.»

Übergewicht drückt auf die tragenden Gelenke; insbesondere die Knie leiden unter zu hohem Körpergewicht. Dadurch entsteht ein mechanisch bedingter Knorpelabrieb. Gewichtskontrolle, bzw. das Gewicht zu reduzieren, ist bei Arthrosepatienten eine wichtige und effektive Massnahme, um Schmerzen zu mindern, und kann die Gelenke spürbar entlasten. Bereits eine moderate Gewichtsreduktion führt zu einer geringeren Belastung der Gelenke und einer signifikanten Schmerzreduktion.

Gibt es Warnsymptome?
Schmerzen werden von jedem Patienten sehr unterschiedlich wahrgenommen. Zu Beginn ist es der Anlaufschmerz wenn man aufsteht, dieser nimmt zu bis zum ständigen Belastungsschmerz und im Endstadium hat man auch nachts Schmerzen. Der eigentliche Knorpelabrieb tut nicht weh. Verursacht wird der Schmerz durch die Entzündungsbotenstoffe, die letztlich zu einer Reizung der Gelenkinnenhaut führen.

Alexander Schug und Jörg Ottensarendt informieren über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die am Spital Langenthal angewendet werden: Die Arthrosebehandlung ist individuell. Was will der Patient selbst? Es gibt kein Standardverfahren. Neben dem Alter des Patienten spielen Ursache und Art des Defektes eine grosse Rolle. Handelt es sich um einen lokalisierten oder einen generalisierten Schaden? Je nach Stadium der Arthrose werden die Therapiemassnahmen eingeleitet. Das erfordert mehrere Zwischenschritte und geht von konservativen Behandlungen über knorpelregenerative Therapien bis hin zum Teil- und Vollersatz der Gelenke. Massgebend sind der Leidensdruck und die Funktionseinschränkung. Grundsätzlich gilt: Nur im gemeinsamen Gespräch zwischen Arzt und Patient kann entschieden werden, ob und wann der Zeitpunkt für ein künstliches Gelenk gekommen ist. Die Ansprüche an die eigene Mobilität sind individuell sehr unterschiedlich. Es gibt Patienten mit schwerer Arthritis, entzündeten und geschwollenen Gelenken, die nicht operiert werden können, weil sie zu grosse Nebenerkrankungen haben und die Erfolgsaussichten z.B. bei einer Prothesentransplantation sehr gering sind.

Konservative Therapie (ohne Operation)
Die Arthrose bleibt bis heute unheilbar. Mit einer guten Behandlung lässt sich aber viel erreichen. Diese wird individuell nach den Bedürfnissen des Patienten ausgerichtet. Das heisst, man muss die Ursache und den Grad der Arthrose berücksichtigen. Im Anfangsstadium wird zunächst konservativ therapiert. Gleichzeitig wird auf eine gesunde Ernährung, regelmässige Bewegung und Physiotherapiemöglichkeiten hingewiesen. Falls Begleitkrankheiten wie Stoffwechselstörungen oder Übergewicht vorliegen, müssen diese behandelt werden.

«Mit einer guten Behandlung der Arthrose lässt sich viel erreichen.»

Mit Medikamenten kann man nur die Folgeerscheinungen lindern, nicht die Arthrose heilen. Zur medikamentösen Behandlung stehen verschiedene Präparate zur Verfügung:

Entzündungshemmende Medikamente dämmen die Entzündung ein und reduzieren Schmerzen. Regelmässig und über längere Zeit eingenommen können sie allerdings Nebenwirkungen erzeugen.

Nahrungsergänzungspräparate mit Knorpel aufbauenden oder nährenden Substanzen scheinen einen schmerzlindernden Effekt zu haben: Ihre Wirkung hingegen ist umstritten und ein neuer Knorpelaufbau nicht möglich.

Cortisonpräparate sind die nächste Stufe der konservativen Therapien. Die stark entzündungshemmenden Medikamente werden direkt ins Gelenk gespritzt, was eine längerfristige Verbesserung bringen kann. Der Verschleiss am Knorpel bleibt bestehen. Wegen Nebenwirkungen sollten solche Injektionen nicht zu häufig erfolgen. Ein Vergleich mit den Zähnen von Erwachsenen verdeutlicht: ist der Zahn geschädigt, wächst er nicht mehr nach. Der Zahnarzt macht entweder eine Füllung, setzt eine Krone, oder ersetzt das komplette Gebiss mit einer Zahnprothese.

Operative Behandlung
Arthroskopie: Mithilfe der Gelenkspiegelung wird nicht nur der Knorpelschaden ersichtlich; gleichzeitig kann der Defekt mit Mikroinstrumenten auf schonende Weise behandelt werden.

AMIC-Plastik
(Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese): Mit diesem Verfahren kann bei lokalisierten Knorpeldefekten von jüngeren Patienten beispielsweise eine knorpelregenerative Therapie durchgeführt werden. Genutzt wird das Selbstheilungspotenzial der Knochenzellen; aus diesen können neue Knorpel wachsen.

Hierbei handelt es sich jedoch um einen qualitativ etwas schlechteren Faserknorpel. Mittels Mikrofrakturierung werden chirurgisch sehr kleine Öffnungen/Bohrungen im Knochen eingefügt. Dabei werden Stammzellen aus dem Knochenmark frei und bilden im defekten Knorpelbereich ein Blutgerinnsel. Dieses wird durch eine implantierte Kollagenmembran abgedeckt. Das Implantat schützt nicht nur die Stammzellen, sondern stimuliert diese Zellen auch zur Bildung von knorpelartigem Reparaturgewebe. Damit werden gute Ergebnisse erzielt und gleichzeitig ein zweiter Eingriff verhindert. Während der langen Nachbehandlung ist es ganz wichtig, dass der Patient diszipliniert mitmacht. Es handelt sich um ein gängiges Verfahren zur Behandlung von Patienten mit lokalisierter Schädigung des Gelenkknorpels, die bis auf den Knochen reicht. Dabei spielen Alter, Ausmass und Grad der Schädigung, das betroffene Gelenk, Aktivitätsniveau und andere medizinischen Faktoren eine Rolle.

OCT (Osteochonderale Transplantation):
Bei der Knorpel-Knochenzylinder-Transplantation werden kleine Zylinder aus einer wenig belasteten Fläche des Gelenks ausgestanzt, die sowohl Knochen- als auch gesundes Knorpelgewebe enthalten und dort wieder eingesetzt, wo Knorpelschäden vorliegen. Diese Methode eignet sich ebenfalls nur bei jungen Patienten mit kleinen, lokal begrenzten Knorpeldefekten. Bei einer grossflächigen, altersbedingten Abnutzung können diese Verfahren nicht angewendet werden.

Künstliche Gelenke (Endoprothesen)
Hat die Arthrose ein Gelenk bereits stark zerstört, kann das Einsetzen eines künstlichen Gelenks helfen, Schmerzen und starke Bewegungseinschränkungen zu lindern. Die Lebensqualität und Selbstständigkeit der Patienten wird erhöht.

Die am häufigsten eingesetzten Endoprothesen sind jene der Hüft-, Knie- und Schultergelenke. Ein erfahrenes Orthopädieteam bietet den Patienten im Spital Langenthal eine moderne, professionelle und effiziente Behandlung. Das Leistungsangebot umfasst hauptsächlich die primäre Endoprothetik der grossen Gelenke und Revisionsendoprothetik: Gelenkersatz bei alters- oder unfallbedingten Kniegelenkveränderungen durch Implantate unter Anwendung minimalinvasiver Operationstechniken (inklusive Totalprothesen) sowie das Einsetzen und Auswechseln von z.B. lockeren künstlichen Gelenkprothesen. Bei manchen Gelenken, beispielsweise dem Knie, kommen auch Teilprothesen zum Einsatz, wenn nur ein begrenzter Abschnitt des Gelenkknorpels zerstört ist. Bei hohem Leidensdruck und Ausschöpfung aller nicht operativer Therapiemassnahmen erhalten unter Umständen auch schon junge Menschen bei fortgeschrittener Arthrose Kunstgelenke. Die neuen Modelle haben eine Lebensdauer von rund 15–20 Jahren.

Physiotherapie ist ein wichtiger Teil
Wenn man sich aufgrund der Schmerzen schont und weniger bewegt, baut sich die Muskulatur ab. Das wiederum führt zu mehr Instabilität im betroffenen Gelenk und zusätzlichen Schmerzen. Wenn immer möglich, sollten Gelenke in Bewegung bleiben. Dadurch verteilt sich die den Knorpel ernährende Gelenkflüssigkeit über die Oberfläche des Knorpels, welcher diese wie ein Schwamm aufnimmt.

«Durch vernünftige Bewegung und Belastung kann auch ein Knochenabbau verhindert und Osteoporose vorgebeugt werden.»

Als konservative Massnahme zählt die Physiotherapie zu den wichtigsten Therapiemöglichkeiten. In der Physiotherapie SRO wird die Muskelfunktion mit gezielten Bewegungsübungen koordiniert und trainiert. Eine kräftige Muskulatur kann das Gelenk stabilisieren, ohne dieses zu überlasten. Ebenso angeboten werden verschiedene lokal entzündungshemmende Therapien.

Sport trotz Beschwerden
Die Orthopäden stellen bei Sportlern nicht zwingend mehr Probleme fest. Abgesehen von Gelenkschäden durch Sportverletzungen und Überlastung steht die positive Wirkung von körperlichen Aktivitäten auf die Arthrose und die allgemeine Gesundheit eindeutig im Vordergrund. Hingegen weiss man, dass Jugendliche und junge Erwachsene bei exzessivem Training tendenziell eher eine Arthrose entwickeln. Kontaktsportarten wie Fussball bergen ein höheres Risiko von Gelenkverletzungen und somit einer sekundären Arthrose. Andererseits führen Ausdauersportarten wie Langstreckenlauf eher zu einer chronischen Überlastung der Gelenke. Besser sind gelenkschonende Sportarten mit geringer Impulsbelastung und fliessenden weichen Bewegungen wie Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking.

Unterstützende Hilfsmittel
Bei Problemen mit den Knie oder Hüftgelenken sind dämpfende Schuhsohlen oder Einlagen vom Orthopädietechniker eine Option. Sie können auch Fehlstellungen korrigieren wie etwa leichte X- oder O-Beine sowie Knick-Senkfüsse. Ein fachgerechtes Taping der Kniescheibe kann Schmerzen ebenfalls reduzieren und das Gelenk stabilisieren, zum Beispiel beim Wandern oder beim Skifahren.

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