Gesundheit: Bewegung ist entscheidend

In der Physiotherapie SRO beschäftigt man sich genauso mit Rückenschmerzen wie auch mit Sportverletzungen und kennt Tipps zur Selbsthilfe. Übungen für Kraft und Ausdauer, Gleichgewicht und Koordination gehören zu einem Training wie das Aufwärmen.

Es gibt nicht «den» Grund für Rückenschmerzen. Während bei jemandem ein Bandscheibenvorfall ursächlich ist, können bei anderen muskuläre Verkrampfungen für Beschwerden sorgen. Sehr schmerzhaft ist der tückische Hexenschuss. Zuerst die gute Nachricht von Rafael Oberli, Ressortleiter Therapien: «Sehr viele Rückenschmerzen klingen spontan oder mit den richtigen physiotherapeutischen Massnahmen wieder ab. Die meisten Beschwerden sind harmlos und unspezifisch, das heisst ohne eindeutige Ursache. 80 Prozent der Erwachsenen leiden im Verlauf ihres Lebens einmal oder wiederholt an Rückenschmerzen.» Häufig können Rückenschmerzen durch Stress oder emotional belastende Situationen zusätzlich verstärkt werden. Von daher stammt wohl auch die Redewendung «Eine schwere Last auf den Schultern tragen».

«Etwas vom Einfachsten und Besten ist Gehen, statt das Auto oder den Lift zu nehmen.» Rafael Oberli

Körperliche Aktivität unterstützt die Selbstheilung
Was tun, wenn man mit Rückenweh oder Hexenschuss aufwacht? Körperliche Alltagsaktivitäten, inklusive Arbeit, möglichst beibehalten, jedoch den tagesaktuellen Schmerzen anpassen. Langes Sitzen oder Bettruhe vermeiden. Gehen, Nordic Walking, Yoga, Wassergymnastik oder Radfahren (Hometrainer), alles bei tiefer Intensität, sollten problemlos möglich sein. «Häufig sind die Leute verunsichert aus Angst vor schlimmen Verletzungen und bewegen sich gar nicht, um den Rücken zu schonen. Das verschlechtert die Situation. Einzig Alarmsymptome wie Lähmungserscheinungen, Sensibilitätsausfälle oder plötzliche Inkontinenzbeschwerden erfordern einen raschen Arztbesuch», erklärt Rafael Oberli. 

Viele Faktoren bedingen den Schmerz 
Rückenschmerzen sind häufig auf Abnützung und Muskelverspannungen zurückzuführen, die Fehlhaltungen auslösen können. Einseitige berufliche Belastungen, lang andauerndes Sitzen, schwere körperliche Arbeit, Hektik, Stress, aber auch psychische Probleme sind Faktoren für Rückenschmerzen. Richtiges Sitzen, Stehen, Liegen, Heben und Tragen, im Alltag wie im Sport, lindern oder vermeiden solche Probleme. Ebenso wichtig sind Dehnen und Kräftigen der Rückenmuskulatur. Die Prävention von Rückenschmerzen beginnt bei der allgemeinen Gesundheit wie einer ausgewogenen Ernährung, normalem Körpergewicht und genügend Schlaf. Vorbeugend wirken stabilisierende Gymnastik, Ausgleichssport und ein «rückengerechtes» Verhalten im Alltag, beispielsweise beim Heben von Lasten. Etwas vom Einfachsten und Besten ist Gehen, statt das Auto oder den Lift zu nehmen. 

 

Freude an der Bewegung
Umso wichtiger sind regelmässige Aktivitäten zwei- bis dreimal pro Woche. Jedoch nicht, weil die Physiotherapeutin es empfiehlt oder weil man weiss, dass man es tun sollte, sondern aus Spass an der Bewegung und dem Austausch mit anderen Betroffenen. Die Gruppendynamik motiviert und hat gleichzeitig etwas Verbindliches. 

Wie helfe ich mir selber bei einer Verletzung im Sport?
Als Beispiel geht Physiotherapeutin Ursina Jäggi von kleineren Verletzungen wie Prellungen, Verstauchungen oder Zerrungen aus. Die ausgebildete Sportphysiotherapeutin erklärt, dass Verletzungen oft bei Kontaktsportarten, aber auch beim Skifahren oder beim Joggen entstehen. Eine Physiotherapie dient sowohl der Rehabilitation wie auch der Prävention. Sie wird ärztlich verordnet bei eingeschränkter Bewegungsfähigkeit nach Verletzungen, Operationen oder chronischer Überbeanspruchung, wie z. B. dem Tennisarm. Bei der Erstversorgung von sogenannten Bagatellen genügen oft einige Selbsthilfetipps wie Ruhigstellung, Hochlagern und eventuell leichte Bandage des jeweiligen Körperteils. Bei Schwellungen kühlen (Eis zurückhaltend anwenden und nicht direkt auf der Haut). So wird der verletzte Körperteil nicht mehr nur stillgelegt, sondern raschmöglich wieder schrittweise belastet. 

In Richtung Erste Hilfe zielen die Sekundärmassnahmen, indem beispielsweise ein verletzter Fuss im schmerzfreien  /schmerzarmen Bereich bewegt wird. «Dadurch werden die Blutzirkulation und die Stoffwechselfunktionen gefördert. Wenn bei leichten Schwellungen oder kleinen Blutergüssen eine Belastung der verletzten Stelle möglich ist, kann dies selber behandelt werden. Sollten Schmerzen und Schwellung nicht innert weniger Tage deutlich zurückgehen, ist eine ärztliche Kontrolle notwendig», erläutert Ursina Jäggi, welche als Spitzensportlerin und Schweizer Meisterin im Bike-OL bereits viele Eigenerfahrungen mit Sport­verletzungen gemacht hat.

Bei akuten Beschwerden geht es darum, Schwellungen zu reduzieren (manuelle Lymphdrainage), die normale Bewegung anzulernen sowie den Stoffwechsel und die Durchblutung anzuregen. Sobald wieder belastet werden kann, wird die Koordination der einzelnen Muskeln unter anderem mit instabilen Unterlagen, etwa mit Wackelbrettern, trainiert. Praktisch jeder Patient erhält ein Heimprogramm mit Übungen, die man den vorhandenen Ressourcen anpasst und die sich im Alltag einbauen lassen.

«Mit dem erlangten Know-how kann die regelmässige Bewegung wieder aufgenommen werden.» Ursina Jäggi

Prävention gleich Eigenverantwortung 
Ein wichtiger Teil des Aufbautrainings ist die Eigenverantwortung. In vielen Fällen ist eine therapeutische Begleitung über längere Zeit nötig und gleichzeitig eine gute Möglichkeit, die Eigenverantwortung des Patienten zu fördern: Was ist in dieser Heilungsphase sinnvoll und was würde überlasten? Das Thema der optimalen Belastung zieht sich durch bis zur vollständigen Regeneration. Mit dem erlangten Know-how kann die regelmässige Bewegung wieder aufgenommen werden. Speziell zu beachten nach einer Verletzung sind der schrittweise Aufbau und die langsame Steigerung des Trainingspensums. Das beinhaltet:

• Gutes Aufwärmen, keine «Kaltstarts» von 0 auf 100, z. B. im Fitness oder beim Joggen
• Vielseitiges Training (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit)
• Individuell, angepasst an Fähigkeiten und Alter, etwas, das man gerne macht 

Im SRO Physio-Fit wird Medizinische Trainingstherapie (MTT) angeboten. Das therapeutisch geführte Aufbautraining auf ärztliche Verordnung eignet sich sowohl nach akuten Verletzungen und Operationen als auch bei chronischen Beschwerden. Ziel ist es, die Belastbarkeit für alltägliche und sportliche Aktivitäten zurückzuerlangen oder zu ver­bessern und den Schritt ins selbstständige Training zu schaffen.

 

Mit dem Akronym POLICE lassen sich die Sofortmassnahmen einfach einprägen:
P   Protection (Schutz, kurz Pause machen) 
OL Optimal Loading (schrittweise kontrollierte Belastung)
I     Ice (situationsabhängig, akuteventuell mit Eis, danach nur kühlen)
C   Compression (situationsabhängig) 
E    Elevation (situationsabhängig, hochlagern)

 

Akutstationäre Therapie

Frühzeitige Physiotherapie verbessert die spätere gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Auf der Akutstation werden Patienten nach Operationen am Bewegungsapparat, z. B. beim Ersatz einer Hüftgelenkprothese, wenn möglich bereits am Tag des Eingriffes erstmals aus dem Bett mobilisiert, um raschmöglich wieder eine selbstständige Fortbewegung zu erreichen. Auch bei Patienten an der Beatmungsmaschine auf der Intensivstation kommt die Physiotherapie zum Einsatz.

In interprofessioneller Zusammenarbeit werden die teilweise komatösen Patienten durchbewegt, umgelagert und an den Bettrand oder in einen Sessel gesetzt. Ziel dieser Frühmobilisation ist das Vorbeugen von möglichen Komplikationen aufgrund langer Liegedauer. «Innert fünf Tagen gehen 30–40 Prozent an Muskelkraft verloren, da sich der komatöse Patient nicht selber bewegt. Durch die passive Bewegung der Muskulatur wird eine deutliche Verlangsamung der Abbaugeschwindigkeit erreicht », betont Rafael Oberli.

 

Text: Brigitte Meier
Fotos: Manuel Stettler, stettlerphotography.ch

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