«Du bist, was du isst»
Trifft dieses bekannte Zitat des deutschen Philosophen Ludwig Feuerbach wirklich zu, und was sagen Ernährungsexperten heute zu dieser Behauptung?
Dieser Ausspruch beinhaltet mehr Wahrheit, als viele glauben mögen. Dies bestätigt auch Joëlle Pfammatter, Ernährungsberaterin am Spital Langenthal: «Unsere Ernährung hat tatsächlich einen sehr grossen Einfluss auf unsere Gesundheit – und zwar in eine positive wie auch in eine negative Richtung.» Studien* belegen, dass die Ernährung unsere Gesundheit massgeblich prägt neben weiteren Faktoren wie Bewegung und Genetik.
Gesunde Ernährung – was ist das?
Eine gesunde Ernährung ist vor allem ausgewogen, das heisst, ohne Verbote und alles in einem gesunden Mass, wie Joëlle Pfammatter bestätigt: «Viele frische, unverarbeitete Produkte sind sehr empfehlenswert in der Kombination Gemüse/Früchte, Kohlenhydrate, Eiweiss und gesunde Fette. Je nach Körperzusammensetzung oder Ziel können die Mengenempfehlungen dieser einzelnen Komponenten variieren.» Was nicht empfohlen wird, ist das Weglassen von ganzen Komponenten wie Kohlenhydraten oder Fetten, wie dies in verschiedensten Diäten immer wieder propagiert wird. «Dies kann zu einer einseitigen Ernährung führen. Ist die Diät irgendwann beendet, erlebt man den berühmten «Jo-Jo-Effekt» und nimmt in der Regel das, was man abgenommen hat, schnell wieder zu und oft sogar noch mehr.»
Schrittweise Anpassung
Viel klüger als eine Diät ist eine langsame, schrittweise Anpassung der Ernährung. Dabei gilt gemäss Joëlle Pfammatter ein ganz wichtiger Grundsatz: «Ernährungsumstellung darf nicht wehtun. Man sollte nicht zu viel von dem aufgeben, was man beim Essen liebt. Lieber schrittweise kleine Dinge weglassen und dafür etwas anderes wählen. So erreicht man eine ausgewogene und sinnvolle gesunde Ernährung einfacher und vor allem nachhaltiger. Der Gewichtsverlust geht so zwar etwas langsamer voran, dafür kann man das Gewicht aber längerfristig halten. Die Lebensqualität und die Freude am Essen sollten dabei auch eine Rolle spielen und beachtet werden.
Auswirkung auf den Körper
Ernährung spielt im Zusammenhang mit unserer Gesundheit nicht nur eine Nebenrolle – im Gegenteil: Ihr kommt eine wichtige Hauptrolle zu. Joëlle Pfammatter: «Natürlich schützt eine perfekte Ernährung nicht vor allen Krankheiten, da auch Faktoren wie Genetik und Lifestyle eine Rolle spielen. Aber eine ausgewogene gesunde Ernährung kann unseren Körper schon direkt beeinflussen.» Bei frischen, möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln erhält der Körper wertvolle Nährstoffe. In hoch verarbeiteten Fertigprodukten hingegen ist der Anteil an wertvollen Nährstoffen jedoch gering und die Anzahl Kalorien hoch. Auch übermässiger Zuckerkonsum in Form von Süssigkeiten oder Süssgetränken wirkt sich in vielfacher Weise direkt auf unsere Gesundheit aus, weiss die Ernährungsberaterin: «Nebst der Zahngesundheit, die darunter sehr leiden kann, besteht natürlich die grosse Gefahr von Übergewicht, mit dem diverse Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzkreislauf- Erkrankungen und viele andere direkt in Verbindung gebracht werden können. Durch extremen Zuckerkonsum über längere Zeit besteht zudem eine erhöhte Gefahr, an Diabetes oder einer Fettleber zu erkranken.»
Welche Ernährungsform ist die gesündeste?
Ob vegan, vegetarisch, flexitarisch oder andere Formen der Ernährung – immer wieder steht die Frage im Raum, welche dieser vielfältigen Varianten denn nun die gesündeste sei. Einig ist man sich jedoch in einem Punkt allemal: Obst, Gemüse, Bohnen, Linsen, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen gehören auf jeden Fall als wichtigste Bestandteile dazu, ebenso wie wertvolle und vollwertige Eiweiss- und Kohlenhydratlieferanten. Dies bestätigt auch Joëlle Pfammatter: «Bei jeder Ernährungsform muss darauf geachtet werden, dass alles in einem gesunden Verhältnis bleibt und keine Mangelernährung auftritt. So muss bei veganer Ernährung speziell darauf geachtet werden, dass man dem Körper zusätzlich Vitamin B12 sowie genügend Eiweisse zuführt. Hat man das Gefühl, dass nicht alle Nährstoffe mit der Ernährung gedeckt werden, so kann beim Hausarzt / bei der Hausärztin ein Blutbild Aufschluss über die effektive Versorgung an Mikronährstoffen geben. Und wenn jemand genau wissen will, wie die ideale persönliche Ernährung aussieht, empfehle ich eine individuelle Ernährungsberatung.»
Essen soll Freude machen
Das Wichtigste ist, dass das Essen Freude machen soll. Joëlle Pfammatter ermutigt: «Gesundes Essen muss nicht langweilig sein. Es lohnt sich, neue coole Gerichte mit neuen Gemüsesorten auszuprobieren, mit Tofu oder Hülsenfrüchten zu experimentieren und im Internet in Foodblogs Anregungen dafür zu holen. Sollten die eigenen Lieblingsgerichte nicht einer ausgewogenen Ernährung entsprechen, können diese angepasst oder ergänzt werden, sodass man auch diese ohne schlechtes Gewissen in den Ernährungsplan einbauen kann.» Und ganz wichtig ist, das Essen auch schön und appetitlich anzurichten. Denn wie schon Johann Wolfgang von Goethe sagte: «Essen soll zuerst das Auge erfreuen, dann den Magen.»
Ernährung im Alter – was ändert sich?
Ab einem Alter von etwa 65 Jahren verändert sich der Körper noch einmal: Der Energiebedarf sinkt, der Stoffwechsel wird langsamer, der Hormonhaushalt verändert sich. «Häufig sinkt auch der Appetit», weiss Joëlle Pfammatter «und man isst automatisch weniger. Umso wichtiger ist es, die richtigen Lebensmittel auszusuchen, um gesund und fit zu bleiben.»
Eiweiss und Vitamin D
Es ist wichtig, zu wissen, dass im Alter der Eiweissbedarf und auch der zusätzliche Bedarf an Vitamin D steigen. Sowohl Vitamin D, welches im Alter durch die Haut schlechter aufgenommen wird, als auch Eiweiss sorgen für den Erhalt der Muskelmasse, der Knochengesundheit und eines starken Immunsystems. Eiweisse (Proteine) kommen in vielen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Hülsenfrüchten oder Sojaprodukten vor. Vitamin D hingegen wird weniger durch die Nahrung, sondern vor allem über die Haut aufgenommen. «Um einem Vitamin-D-Mangel entgegenzuwirken, kann es daher ratsam sein, dieses Vitamin nach Rücksprache mit der Hausärztin / dem Hausarzt zusätzlich zur Ernährung zu sich zu nehmen.»
In Bewegung bleiben
Genauso wichtig wie gesunde Ernährung ist im Alter auch die Bewegung, denn sie hilft ebenfalls, die Muskulatur zu erhalten. Dabei sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass man genügend trinkt – vorzugsweise Wasser oder ungesüssten Tee.
Die Gemütlichkeit isst mit
Etwas, was ganz oft unterschätzt wird, ist die Gemütlichkeit beim Essen. Gerade alleinstehende Personen kochen nicht mehr regelmässig nur für sich selbst, weil sie keine Lust haben, einen grossen Aufwand zu betreiben. «Man sollte nie vergessen, dass das Essen an einem gemütlich gedeckten Tisch mit ein bisschen Musik im Hintergrund wesentlich genussvoller ist. Daher lohnt es sich, dieses bisschen an Mehraufwand in Kauf zu nehmen, denn die Gemütlichkeit isst mit», empfiehlt Joëlle Pfammatter. Denn Essen soll auch im Alter Freude machen.
Text: Nathalie Beck, beckwerk.ch
Fotos: Manuel Stettler, stettlerphotography.ch