Brustkrebs: rundum gut betreut
In der Schweiz erkranken jedes Jahr etwa 6500 Frauen und 50 Männer an Brustkrebs. Im Brustzentrum Emmental-Oberaargau erhalten Patientinnen und Patienten in einem solchen Fall alle Dienstleistungen aus einer Hand: von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge. Denn Fachärzte verschiedenster Disziplinen arbeiten hier Hand in Hand und sorgen für die bestmögliche Behandlung.
Die Diagnose Brustkrebs ist für jede Frau ein Schock. Und man verbindet automatisch viele Fragen damit: Wie stehen meine Chancen? Wie weit ist die Krankheit schon fortgeschritten? Wer begleitet mich während der Therapie? Eines sei gleich vornweg gesagt: Die Heilungschancen stehen heute viel besser als noch vor 30 Jahren, wie auch Frau Dr. med. Narcisa Gebbers, stellvertretende Chefärztin Onkologie, bestätigt: «Dank den Fortschritten in Diagnostik und Therapie liegt die Heilungschance bei Brustkrebs im Frühstadium heute in sehr vielen Fällen bei über 80 Prozent. Grundsätzlich gilt: Je früher eine Krebserkrankung diagnostiziert wird, desto besser sind auch die Heilungschancen.»
Früherkennung ist entscheidend
Dies bestätigt auch Dr. med. Daniele Bolla, Chefarzt Gynäkologie und Leiter des Brustzentrums in Langenthal: «In den letzten Jahren hat das Mammografie-Screening-Programm zur Früherkennung von Brustkrebs dazu beigetragen, die Heilungschancen durch eine rechtzeitige Therapie stetig zu verbessern, denn im Kanton Bern haben Frauen zwischen 50 und 70 Jahren alle zwei Jahre Anrecht auf diese Untersuchung. Es ist wichtig, die Brüste regelmässig selber abzutasten und kleine Veränderungen, die nicht von allein wieder weggehen, unbedingt beim Gynäkologen abklären zu lassen.»
Gute Abklärung kann Leben retten
Eine gute und umfassende Abklärung bei einem auffälligen Befund ist notwendig und kann Leben retten, wie Dr. med. Veit Vassen, Facharzt für Diagnostische Radiologie, weiss: «In der Regel werden zuerst ein Ultraschall und eine Mammografie durchgeführt. Bei der Mammografie ist es notwendig und wichtig, dass das Gewebe der Brust möglichst gut komprimiert wird, weil dies den Kontrast und die Bildschärfe verbessert und somit auch die Sichtbarkeit von Unregelmässigkeiten in der Brust. Im Brustzentrum in Langenthal gibt es neu auch die kontrastgestützte Mammografie. Durch dieses neue Verfahren können wir bei einem Verdacht während einer zweiten Mammografie direkt und punktgenau eine Biopsie durchführen und Gewebe aus der Brust entnehmen. Dies kann auch im Sitzen oder im Liegen gemacht werden. Manchmal ist zur genaueren Diagnose zusätzlich ein MRI angezeigt, wo ebenfalls eine Biopsie vorgenommen werden kann. Die Gewebeproben werden innerhalb von drei Arbeitstagen durch die Pathologie analysiert und im Anschluss der Patientin mitgeteilt.»
«Es ist wichtig, die Brüste selber regelmässig abzutasten und kleine Veränderungen,
die nicht von allein wieder weggehen, unbedingt beim Gynäkologen abklären zu lassen.»
Das Tumorboard
Jeder Fall von bestätigtem Brustkrebs wird am interdisziplinären Tumorboard vorgestellt, wobei insbesondere auch die Tumoreigenschaften und die Ausdehnung des Tumors besprochen werden. Daniele Bolla erklärt: «Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein grosser Mehrwert des Brustzentrums. Spezialisten aus den Bereichen Gynäkologie, Onkologie, Radiologie, Radio-Onkologie und Pathologie von beiden Standorten nehmen an diesen Treffen teil und definieren für jede Patientin eine individuelle Behandlungsstrategie. Alle Entscheide aus diesem interdisziplinären Tumorboard werden protokolliert und den zuweisenden Ärzten zeitnah kommuniziert. So bleiben wir auch mit den Zuweisern in Kontakt und halten sie auf dem Laufenden.»
Das Brustzentrum – eine Einrichtung mit Zukunft
Dass sich die beiden Standorte Burgdorf und Langenthal mit ihren Fachleuten im März 2024 zu einem Brustzentrum zusammengeschlossen haben, hat einen einfachen Grund: Unter der Leitung von Dr. med. Daniele Bolla, Chefarzt Frauenklinik des SRO, und Dr. med. Thomas Eggimann, stellvertretender Chefarzt Frauenklinik am Spital Emmental, sind zwei kompetente Teams mit jahrelanger Erfahrung und viel Fachwissen gemeinsam noch stärker.
Sie können in der Region Emmental-Oberaargau Betroffenen wohnortsnah während der gesamten Behandlungszeit eine Behandlung nach neustem Standard anbieten. Dr. med. Daniele Bolla erläutert: «Durch diesen engen fachlichen Austausch profitieren sowohl wir als Fachärzte wie vor allem auch unsere Patientinnen. Die hohe Qualität, die wir heute erreicht haben, ist das Ergebnis von jahrelanger, stetiger Weiterentwicklung, die an beiden Standorten bereits von unseren Vorgängern initiiert wurde. Daher sind wir sehr zuversichtlich, dass wir als Bestätigung unserer Arbeit und unserer grossen Erfahrung bald auch die offizielle Zertifizierung als Brustzentrum erhalten werden.»
Im Brustzentrum spielt auch die sogenannte Breast Care Nurse (übersetzt: Fachfrau für Brustpflege) für die Patientinnen eine ganz zentrale Rolle: Ergänzend zum Behandlungsteam begleitet sie Brustkrebspatientinnen von der Diagnose über die Behandlungszeit bis zur Nachsorge und ist als Ansprechperson immer für sie da.
Individuelle Therapie – körperlich und psychisch
Am Tumorboard wird die medizinische Ausgangslage klar definiert und ein individueller Therapieplan erarbeitet. Die Onkologin Dr. med. Gebbers erläutert: «Diese Empfehlung wird mit der Patientin ausführlich besprochen. In manchen Situationen kann eine Chemotherapie die Heilungswahrscheinlichkeit erhöhen oder eine brusterhaltende Operation ermöglichen. Viele Patientinnen haben grossen Respekt davor – dank einer genauen Aufklärung, lindernden Massnahmen gegen Nebenwirkungen und dem regelmässigen Austausch mit dem ärztlichen und dem pflegenden Team erleben die meisten diese intensive Zeit als gut machbar. Manche sehen es rückblickend sogar als wertvolle Lebenserfahrung.» Eine Brustkrebsdiagnose ist nicht nur etwas Körperliches – sie macht auch was mit der Psyche.
In vielen Köpfen ist Brustkrebs noch immer das Schreckgespenst, das einem Todesurteil gleichkommt. Damit muss man erst einmal zurechtkommen, doch oft fokussieren sich die Patientinnen zu Beginn auf die Therapien und haben kaum Raum, die Diagnose psychisch zu verarbeiten und sich damit auseinanderzusetzen, wie Dr. med. Patrick Nemeshazy, Leiter der Psychoonkologie, weiss: «Meist ist die Therapie schon weit fortgeschritten oder kurz vor dem Abschluss, wenn die Patientinnen eine erhöhte psychische Belastung angeben. Dies ist dann der Punkt, an dem die Psychoonkologie als unterstützender Faktor hinzukommt. In persönlichen Gesprächen wird vielen Patientinnen klar, dass die Krankheit etwas verändert hat und sie nicht mehr die gleichen Menschen sind wie vorher. Man muss sich neu definieren, und dafür benötigen viele Patientinnen Hilfe.»
Und noch ein wichtiger Aspekt sei hier erwähnt: Während die Patientin oft von Ängsten geplagt ist und ihren Partner damit nicht belasten möchte, macht dieser sich Sorgen oder ist mit der Situation überfordert – traut sich aber seinerseits nicht, dies auszusprechen. Auch hierfür hat die Psychoonkologie ein offenes Ohr, denn es ist auch für die Angehörigen wichtig, dass sie über ihre Ängste und Gefühle sprechen können.
Wenn Brustkrebs nicht geheilt werden kann
Bei allen positiven Statistiken gibt es leider auch die Fälle, in denen der Brustkrebs sich bereits bei der Diagnose oder im weiteren Verlauf so weit ausgebreitet hat, dass eine Heilung nicht mehr erreicht werden kann. Dr. med. Gebbers betont: «Auch in dieser Situation ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachärzte und Berufsgruppen wichtig. Dank der Entwicklung verschiedener wirkungsvoller Therapieoptionen kann die Tumorerkrankung oft über längere Zeit, bis hin zu vielen Jahren, kontrolliert werden. Neben dem Gewinn an Lebenszeit steht hier vor allem die Erhaltung der Lebensqualität im Vordergrund.»
Nachsorge
Hat eine Patientin ihre Therapie abgeschlossen, finden regelmässige Kontrolluntersuchungen statt. Diese dienen dazu, Folgebeschwerden der Krankheit oder der Behandlung zu erkennen und zu lindern. Auch ein frühzeitiges Erkennen eines Wiederauftretens des Tumors oder von Metastasen erhöht die Heilungs- und Überlebenschancen.
Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass manche Patientinnen nicht mehr so leistungsfähig sind wie vor der Erkrankung. Dr. med. Nemeshazy: «In so einem Fall schauen wir mit der Patientin, was sie an Stärken und Ressourcen mitbringt, um ihre Resilienz zu stabilisieren oder zu stärken. Wir sind eines der wenigen Spitäler, die auch auf diesem Gebiet in Zusammenarbeit mit der Berner Krebsliga ein grosses Leistungsspektrum und entsprechende Beratungen anbieten können. Denn unser Ziel ist es, Patientinnen in einen neuen Alltag zu entlassen, in dem sie sich wohl und stark fühlen, einer neuen Zukunft entgegenzugehen.»
Text: Nathalie Beck, beckwerk.ch
Fotos: Manuel Stettler, stettlerphotography.ch